Sonja Jüngling

Jede Person darf wollen, was sie will

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Man, was habe ich mich verändert…
Natürlich hat das auch meine Beziehung/en verändert. Zumal die Rahmenbedingungen natürlich nicht gleich geblieben sind.
Ich habe meine Beziehung/en an meine veränderten Bedürfnisse angepasst und die Bedürfnisse der beteiligten Personen mit berücksichtigt.
Das war nicht immer einfach. Oft habe ich den Standardregelkatalog für Beziehungen und die in mich gepflanzten Erwartungen an die Seite legen müssen.
Ich habe Glaubenssätze umformulieren müssen – nicht nur in mir.
Jetzt habe ich mehr erlebt, mehr erreicht, bin zufriedener, freier und gleichzeitig verbundener als ich es je gedacht hätte.
Das freut mich ungemein und den Weg dahin möchte ich gern teilen. 

Viele verstehen unter „Beziehung“ einen starren Standardregelkatalog, der genau definiert, was das ist.

In den meisten Fällen definiert der erlernte Regelkanon eine Beziehung oder Ehe als Zweier-Wohngemeinschaft mit romantischen Bezügen, die gemeinsame Kassen, Rentenvorsorge, Zimmer, Sexualität und Güter, so wie Kinder, am besten noch Eigenheim und Haustiere umfasst, in der immer alle glücklich sind und die bis ans Lebensende hält. Ist davon etwas anders, gilt die Beziehung als falsch oder gescheitert. Oder die Menschen, die Bedürfnisse haben, die abseits dieser Vorstellung sind, gelten als falsch oder abnormal.

Leider ist es aber nun mal so, dass der oben genannte Regelkatalog nicht zu allen beteiligten Menschen, allen vorhandenen Bedürfnissen und allen Rahmenbedingungen passt. Manche Menschen mögen halt keine Hetero-Beziehungen oder keine Kinder oder möchten ein eigenes Zimmer haben, weil sie vor Schnarchern flüchten oder einfach gern allein sind, oder sie engt die Vorstellung der lebenslangen Bindung ein. Vor allem, wenn der Faktor Zeit dazu kommt, wird es oft schwierig. Aus Verliebtheit wird Liebe, die Finanzen werden weniger wichtig, der Job umso wichtiger und die Kinder wollen nicht nur versorgt sondern in allen Lebenslagen begleitet und angeleitet werden. Spätestens dann wird klar, dass der Regelkatalog vielleicht eine grobe Orientierung sein kann, aber einfach nie allen gerecht wird.

 

 

Das Problem daran

Einerseits werden die meisten Menschen in diesem Setting unglücklich, weil Bedürfnisse nicht gelebt oder gar geäußert werden.

Der zweite Punkt ist: Wenn sich etwas verändert und so nicht mehr alles in den Standardregelkatalog oder besser in meinen Erwartungskatalog passt, wird schnell die Beziehung in Frage gestellt.

Und wenn dann die beteiligten Personen sich im Idealfall einvernehmlich entscheiden, die Beziehung zu beenden, ist das trotzdem Scheitern und fühlt sich furchtbar an. Die ganze gemeinsame Zeit ist plötzlich nichts mehr wert, Partnerpersonen werden von heute auf morgen Fremde, weil die Erwartungen nicht erfüllt werden. Und zwar nicht nur die Erwartungen der Gesellschaft sondern auch die ganzen idealisierten Walt Disney-Beziehungen, die wir verinnerlicht haben, weil sie uns unser Leben lang von den Medien, unseren Bezugspersonen und sonst wie eingetrichtert wurden. Ein totaler Bruch wird erwartet und mensch verliert im Zweifelsfall nicht nur seinen Familientraum sondern gleich alle Güter und eine wertvolle Freundschaft mit. Es geht also nur entweder ganz oder gar nicht. Seelenverwandter oder Feind.

Das nenne ich die on/off-Erwartung.

Die macht etwas mit mir. Diese Erwartung – entweder perfekt wie vorgegeben oder gar nicht – schränkt mich ein. Macht Vieles absolut. Mögliche Lösungen werden gar nicht erst gedacht.

 

Die Lösung

Ich kann statt dessen zusammen mit meinen Partner*innen schon früh definieren, was für uns Beziehung bedeutet. Woran wir sie festmachen. Was für uns Beziehung bedeutet und welcher Teil davon Freundschaft oder Liebschaft oder Wegbegleitung ist. Fragen, die ganz offen und ohne Erwartungsdruck gestellt werden sollten, sind z.B. Müssen wir ein Eigenheim haben? Müssen wir Kinder haben? Muss der Rasen einmal die Woche gemäht werden? Müssen wir zusammen wohnen, wenn wir beide Eigenbrödler sind?

Worum geht es mir eigentlich? Und eine Antwort brauche ich fürs Jetzt, aber auch fürs Früher und Morgen. Denn – Überraschung! – das verändert sich :). Also am besten sehr gut gucken:

Warum habe ich diese Beziehung? Was schätze ich an ihr? Geht es mir um Nähe, Intimität, Sicherheit, Sexualität, Ruhe, Stabilität, kuscheln, soziale Anbindung, Gesellschaft oder einfach darum möglichst viel zeit mit einem bestimmten Menschen zu verbringen?

Und ganz wichtig ist halt auch, dass die Tatsache, dass ich mir etwas wünsche, oft gar nichts mit meiner Partnerperson zu tun hat, sondern mit meinem Bedürfnissen. Wenn ich also ein eigenes Schlafzimmer möchte, heißt das nicht, dass ich meine Nestingperson nicht mehr liebe. Es heißt einfach nur, dass ich vielleicht Ruhe brauche oder einen leichten Schlaf habe. Und dann kann ich diesen Wunsch äußern und schauen, was das mit dem geliebten Menschen macht, um dann zu schauen, dass sein Bedürfnis erfüllt wird. Und je offener alle mit möglichen Strategien umgehen und je mehr auch außerhalb des Regelkatalogs  nach Lösungen gesucht wird, desto leichter wird es.

 

 

Der Weg zu mehr Freiheit und gleichzeitig Verbundenheit

Wenn ich im Kopf behalte, worum es mir geht, wenn ich nichts tue, weil „man das in einer Beziehung so tut“, wenn ich weiß, dass Veränderung dazu gehört, fallen Entscheidungen leichter.

Sie werden kleinschrittiger, weniger bedrohlich, weniger endgültig. Alles ist umkehrbar und im Flow und Leben ist sowieso nicht wirklich planbar. Vor allem wenn Gefühle im Spiel sind, was bei einer Partnerschaft hoffentlich der Fall ist. Muss aber natürlich auch nicht. Jedenfalls wenn ich in Allem was ich bin und brauche so frei bin, dass ich jeden Tag mit meinen/m Lieblingsmenschen wieder wählen würde und freiwillig bleibe, nicht aus Verpflichtung, Erwartung und Zwang, dann kann ich jeden Tag die Liebe und Zuneigung wirklich spüren, die uns zusammengebracht hat und ich kann spüren wie sie sich über die Jahre verändert haben. Und ich kann bewusst damit umgehen und vielleicht sogar Einfluss nehmen.

 

Und dann könnt ihr mit Verständnis und Geduld schauen, was für Veränderungen nicht nur in euch oder den Rahmenbedingungen passieren, sondern Ihr könnte die Beziehung zusammen aktiv gestalten und an den Schräubchen drehen, die wichtig für euch sind.

Und mit einem offenen und verständnisvollen Blick regeln sich manche Sachen sogar von selbst.

 

Nehmt euch und eure Bedürfnisse ernst!
Überprüft gemeinsam eure Erwartungen immer wieder, denn alles verändert sich, auch eure Wünsche und eure Ziele.
Und das darf so sein.
 
Jede Person darf wollen, was sie will!
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