Sonja Jüngling

Fühlen statt paragrafenreiten

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Jede Beziehung funktioniert besser, wenn alle wissen, wie sie sich zu verhalten haben. Das menschliche Hirn wünscht sich das einfach und pauschalisiert, schön in schwarz und weiß kategorisiert.

Ich glaube, dass das im menschlichen Zusammenleben nicht wirklich möglich ist. Ich kann zum Beispiel keine Regeln für mich rausgeben. Zu sehr hängt es von Stimmung, Zeitmanagement und Alltagsanforderungen ab, was ich wann brauche und wohlwollend aushalten kann und was nicht. Und wenn ich nicht mal von mir sagen kann, was im Umgang mit mir grade falsch und richtig ist, wie soll es da mein Umfeld wissen?
Ich finde es wirklich schwierig, generelle Regeln für Beziehungen aufzustellen, selbst wenn ich meine und nicht alle Beziehungen anschaue.
Viel lebbarer ist es, wenn ich hinfühle.

Wie fühlt sich eine Handlung an, wenn ich sie plane? Welche Bilder entstehen, wenn ich mir die Reaktion meiner Partner*innen vorstelle? Was tut mir oder ihnen gut, was nicht? Welche Werte kommen hier von meiner Seite und der anderen zum Tragen? Kann ich das überhaupt allein entscheiden?

Ganz konkret heißt das vielleicht, dass es für meinen Mann eher witzig ist, wenn ich mich von einer fremden Flirterei geschmeichelt fühle und plötzlich kichere wie eine 15jährige, OBWOHL wir ganz klar Exklusivität vereinbart haben. Oder es fühlt sich wegen ein paar erst kurz zurückliegenden Streits trotz offener Beziehung grade nicht schön für meine Partner*innen an, wenn ich genau jetzt einen Wochenendausflug mit meiner/m Geliebten plane. Natürlich könnte ich dann auf meinem Recht beharren und dafür kämpfen und es durchsetzen. Aber tut das allen gut? Ist das gut für meine Beziehung? Stärkt das unsere Verbindung?

Ich finde es einfach schöner, wenn ich fühle und immer individuell entscheide, auch wenn das manchmal aufwändiger ist. Mir ist die Gefahr, dass eine ausgesprochene Regel missverstanden oder missdeutet wird auch einfach zu hoch. Insofern bin ich entspannter, wenn ich mich auf mein Gefühl und die Kommunikation verlassen kann, anstatt Anwalt zu spielen und um jeden Preis mein Recht durchzudrücken. Ich glaube sowieso, wer um „Recht haben“ und „schuld sein“ kämpft, hat von Vornerein verloren.

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